National- und Ständerat wollen nun tatsächlich geistig beeinträchtigten Personen, die unter Vormundschaft stehen, die vollen Bürgerrechte verleihen. Sie sollen abstimmen und wählen dürfen wie alle anderen Schweizer Bürgerinnen.
Was hier geschieht, das ist einmal mehr allein der Parteipolitik und der ewigen Gleichstellungs- und Genderpolitik geschuldet. Kein vernünftiger Demokrat kann Solches gutheissen. Wir erinnern uns – sehr ungern zwar: Bevor ein paar kleine Riegel geschoben wurden, haben Parteisoldatinnen in den Altersheimen (heute Betagten- bzw. Pflegeheime) reihenweise Stimmausweise unterzeichnen lassen und dafür gesorgt, dass zu Gunsten ihres Anliegens oder ihrer Partei gewählt bzw. gestimmt wurde.
Ganz eliminieren liess sich dieses Fehlverhalten bis heute nicht, aber immerhin «dank» weiterer Gesetze etwas eindämmen. So werden sich die Parteisoldaten freuen, künftig in Behinderten- und Demenzheimen Stimmen sammeln zu können. Sie werden den geistig eingeschränkten Personen vor plappern, wo sie was hinzukritzeln haben; welche Parteiliste sie ins Couvert legen sollen. Die Parteisoldatinnen werden sich in den Behinderteninstitutionen die Klinke in die Hand geben. Eltern mit behinderten Kindern oder die Vormundschaft werden auf diese Weise zusätzliche Stimmen erhalten. Das ist zum Beispiel dann nicht unerheblich, wenn es um den weiteren Ausbau des Sozialstaates geht – den dann «die Anderen» bezahlen müssen.
Seien wir mal ein klein bisschen ehrlich und vernünftig zugleich: für einen Normalbürger ist es ausserordentlich schwierig heute seinen Stimmpflichten gewissenhaft nachzukommen. Wer kann zum Beispiel von sich behaupten, die fast 2000 Seiten des neuen Vertrages der Schweiz mit der EU gelesen und in allen Teilen, inkl. den späteren konkreten Auswirkungen, verstanden zu haben? Wer kann Energiegesetze, Steuerrevisionen und vieles mehr tatsächlich völlig durchschauen, um sich anschliessend ein eigenes, kompetentes Urteil zu bilden? Von der verknorksten Landwirtschafts- oder der hochkomplexen Gesundheitspolitik mal ganz zu schweigen.
Die Zahl der Vorlagen wie deren Komplexität steigt stetig. Die direkte Demokratie besteht aber nicht darin, dass ein paar Parteichefs vorgeben, was wir denken und stimmen sollten – und dass wir dann genau das auch tun. Im Unwissen darüber, was wir damit auslösen oder verunmöglichen.
Das Stimmrecht für geistig behinderte Menschen ist deshalb nicht demokratisch, sondern ein weiterer Schritt zu Verwässerung, zur Aufweichung der direkten Demokratie. Am Ende dieses Weges steht nicht das politische Paradies, sondern die undemokratische Herabsetzung der Volksrechte zur Folklore. Die direkte Demokratie funktioniert nur so lange, wie die Stimmenden wissen, was Sache ist.
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