Samstag, 19. April 2025

Wenn das Parteiinteresse über dem Respekt vor dem Souverän steht

In Olten ist es zur eigentlichen Modeerscheinung geworden, was auch andernorts im Kanton hie und da praktiziert wird: man nehme einen populären Wahlkandidaten, lasse ihn auf verschiedenen Listen antreten, damit er überall Stimmen sammelt für die Partei. Nach gelungener Wahl wird die Person vom weniger attraktiven Amt zurücktreten. Die Partei hat gesiegt und die Wähler- ? Die bleiben dumm zurück.

So kandidieren sogenannte «Wahllokomotiven» des Öftern für die National- und die Ständeratslisten gleichzeitig. Auch wenn von allem Anfang an klar ist, dass sie nur eines der beiden Ämter antreten werden und können. Oder – wie im Fall Olten bereits mehrfach praktiziert – eine gleichzeitige Kandidatur für das Stadt- und das Kantonsparlament. Auch wenn zum Voraus absolut klar ist, dass die Person bloss eines der beiden Ämter wird ausüben wollen.

Für das zweite, auf das die Frau direkt nach der Wahl verzichtete, wird dann eine Parteikollegin «nachrutschen». Super für die Partei. Blöd für die Wählerinnen und Wähler. Jedenfalls dann, wenn man davon ausgeht, dass gerade bei kantonalen Wahlen die Persönlichkeit mindestens ebenso wichtig ist wie die Partei. Auf Gemeindeebene dürfte diese sogar deutlich vor der Partei stehen.

Das Bundesgericht hat erst kürzlich in einem (etwas anders gelagerten) Zürcher Fall klar gemacht, dass es nicht jede parteipolitische Wahl-Schlaumeierei duldet. Die Oltner Praxis dürfte sich zwar im Graubereich, aber noch knapp auf der legalen Seite bewegen. Fair ist diese Praxis gegenüber den Wählenden allerdings keineswegs – und zu einer höheren Wahlbeteiligung wird sie auch nicht beitragen. Über das Ansehen der Politikerinnen und Politiker, die sich für solche Parteispiele hergeben, schweigt des Sängers Höflichkeit…

Dass ausgerechnet aber jene Partei, die am lautesten die Moral über die Gesetze erheben will, sich selber bloss knapp an die Gesetze hält, macht eine Parteihaltung deutlich, die besser keine Nachahmer findet. Denn am Ende bleibt stets die Frage: wie ernst nehmen die Parteien den Souverän? Wo bleibt ihr Respekt den Wählenden gegenüber? Wie sehr benutzen sie den Souverän bloss zur Durchsetzung eigener Interessen?

Und das Wahlvolk denkt nach: Lassen wir uns das gefallen? Lassen wir uns derart einfach ans parteipolitische Gängelband nehmen?

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